Der Kauf einer Bestandsimmobile, aus „Alt“ wird „Neu“ – Was müssen Sie wissen?
Der nachfolgende Artikel versucht ausgewählte Fragen rund um den Kauf einer Bestandsimmobilie zu beantworten.
Erläutert werden insbesondere auch staatliche Förderprogramme.
Einleitung
„Der Kauf einer Bestandsimmobilie ist immer sehr teuer – denn für die Sanierung des Objekts fallen hohe Kosten an“ sagte ein Kollege in meinen Anfangsjahren als Baugutachter einmal zu mir. Ob das stimmt und welche Kosten „drohen“ erläutere ich Ihnen im nachfolgenden.
Statistik „Hauskauf“: In Deutschland wechselten 2017 beinahe 600.000 Objekte ihren Eigentümer. Nach vorsichtigen Schätzungen mussten rund 1/3 davon saniert werden. Die meisten Sanierungen entfallen auf neue Bäder, Küchen oder Heizanlagen.
Vor ziemlich genau einem Jahr rief mich ein Kunde an, der auf die Warnung seines Statikers hin davon ausging, dass sein neu erworbenes Mehrfamilienhaus einsturzgefährdet sei. Ich sollte mir das Ganze anschauen und überprüfen, ob die Warnung ernst zu nehmen ist. Denn die Evakuierung des Nachbargrundstücks stand kurz bevor. Tatsächlich stellte ich fest, dass das Objekt um 22 cm an der linken Fassadenseite eingesackt war. Ich koordinierte über die Feiertage eine Art „Rettung“. Die Fassade wurde von einer Spezialfirma abgestützt. Im Laufe der Sanierung ließen wir dann Holzbalken und Steine austauschen, um das Haus wieder standsicher zu machen. Die Maßnahme kostete circa 43.000,- Euro.
Was lehrt uns dieser Fall? Vor dem Immobilienkauf sollten die Objekte gründlich von einem Baugutachter überprüft werden. Im Rahmen dessen empfiehlt es sich auch, die Sanierungskosten schätzen zu lassen. Das macht auch Sinn mit Blick auf eine Finanzierung des Vorhabens. Denn nur der Experte kann beurteilen, wie „teuer“ der Sanierungsbedarf ist. Ansonsten kann eine Finanzierungslücke drohen.
Statistik „Sanierungskosten“: Die durchschnittlichen Sanierungskosten belaufen sich im Mittelwert auf circa 58.000 Euro.
Als Faustformel können Sie – je nach Zustand des Objekts – einen drei bis vierstelligen Euro-Betrag als Sanierungskosten pro Quadratmeter Wohn-Nutzfläche einstellen. Deshalb ist es wichtig, die Substanz des Hauses gründlich zu prüfen. Ein kluger und durchdachter Sanierungsplan schützt also vor signifikanten Kostenfallen und schafft Klarheit, aber vor allem Planungssicherheit. Dabei gilt, dass kleinere, punktuelle Sanierungen am Objekt viel günstiger sind.
Statistik „Elektrosanierung“: In vielen Objekten entsprechen die Elektroleitungen nicht mehr dem Stand der Technik. Wurde früher mit lediglich drei Schaltkreisen gearbeitet, sprechen wir heute über mehr als 20 Schaltkreise. Eine Sanierung der Elektroleitungen „verschlingt“ schnell einen fünfstelligen Euro-Betrag.
Barrierefrei bei Bestandsimmobilien
Besonders wichtig im Rahmen des Erwerbs ist auch die Begutachtung des Objekts, ob es altersgerecht ausgestattet ist. Ein Haus sollte wenige Hindernisse haben, damit es barrierefrei ist. Viele Stufen und Hindernisse anderer Art dürften also nicht bestehen. Zumeist müssen im Rahmen dessen die Bäder saniert werden. Hier wir dann umgerüstet auf bodengleiche Duschen oder Badewannen mit einer niedrigen Einstiegshöhe sowie ein entsprechendes WC. Lässt die Aufteilung des Objekts die Unterbringung der notwendigen Räume auf einer Etage nicht zu, muss ein Treppenlift eingebaut werden.
Statistik „Barrierefreiheit“: Hier sprechen wir schnell über eine Investitionsvolumen von bis zu 20.000 Euro.
Spartipp: Die KfW fördert den Ausbau der Barrierefreiheit (beispielsweise durch den Einbau eines Treppenlifts eingebaut mit einem Kredit in Höhe von bis zu 50.000 Euro zu ab 0.75 Prozent p.a. auf 10 Jahre Laufzeit. Zusätzlich wird ein Zuschuss von bis zu 6.250,- Euro je Wohnung gewährt.
Heizungsanlagen in Bestandsimmobilien
Oftmals muss die Heizungsanlage einer Bestandsimmobilie komplett ausgetauscht werden. Das ist der Fall, wenn diese nicht der sogenannten „Energieeinsparverordnung“ entspricht und gilt für beinahe sämtliche Anlagen, die vor 1985 installiert wurden. Hingegen sind Anlagen ab dem Jahre 1985 oftmals nachzurüsten bzw. auch zu ersetzen.
Statistik „Heizungsanlage“: Ein Austausch der Heizungsanlage beläuft sich gerne einmal auf einen fünfstelligen Euro-Betrag.
Energie sparen bei einer Bestandsimmobilie
Zwingend sollten auch das Dach und die Fenster überprüft werden, ob diese dem Stand der Technik entsprechen. Denn ist dies nicht der Fall, geht schnell Energie verloren.
Statistik „Energieeinsparung“: Die Erneuerung der Dachdämmung kostet bis circa 16.000,- Euro. Neue Fenster kosten – je nach Anzahl und Größe – bis zu circa 20.000,- Euro. Die Kosten für den Austausch der Fenster amortisieren sich aber meist schon nach 10 – bis 15 Jahren.
Spartipp: Der Einbau einer neuen Heizung (verschiedener Arten) kann mittels eines vergünstigen Kredits durch die KfW finanziert werden. Bis zu 100.000 Euro Kreditvolumen sind momentan möglich.
Denkmalgeschütztes Haus
Steht die Immobilie unter Denkmalschutz wird eine Sanierung meist kostenseitig intensiver. Hier gibt es strenge gesetzliche Vorgaben, wie eine Sanierung zu erfolgen hat. Dennoch als „Trostpflaster“: Der Staat fördert die Sanierung durch die Möglichkeit die Sanierungsausgaben steuerlich mit bis zu 90 Prozent in Abzug zu bringen, vorausgesetzt, Sie nutzen das Haus später selbst. Bei späterer Vermietung können 100 Prozent in Abzug gebracht werden und des besteht ferner die Möglichkeit der Abschreibung des Gebäudewertes (in der Regel 2 Prozent des Gebäudewertes über 50 Jahre).
Prioritätenliste
Setzen Sie im Rahmen der Sanierung klare Prioritäten. Zuerst sollten Investitionen in die Hardware / Technik (Heizung, Fenster, Elektrik, Versorgungsleitungen) erfolgen (das senkt die laufenden Kosten für den Unterhalt), ehe Sie das Haus verschönern (Erneuerung des Parkettbodens oder der Einbau einer Sauna oder gar eine neue Küche).
Fazit
- Alte Häuser sind zumeist besser als deren Ruf. Teilweise kann ich aber die Aussage meines Kollegen – die sich eingangs erläutert hatte – bestätigen.
- Dennoch können die Kosten im Rahmen gehalten werden, wenn Sie mit Bedacht an die Sache herangehen.
- Von einer oberflächlichen Sanierung kann ich aber nur abraten. „Dünn darüberstreichen“ ist nach meiner Meinung keine Option.
- Auch mit Blick auf Nachhaltigkeitserwägungen finde ich eine Sanierung im Bestand sinnvoll: Es schont Ressourcen durch die Einsparung von Material und Energie. Auch im Rekurs auf die Unterstützung durch die KfW macht das Sanieren im Bestand lukrativ.